Kritik des ersten Kammerkonzertes

In der Kritik: Georg Nigls „Vanitas“ von Wolfgang Denker, veröffentlich am 07.09.2022 im Weser-Kurier

Liederabende mit Werken von Franz Schubert und Ludwig van Beethoven sind eigentlich nichts Ungewöhnliches, wohl aber, wenn dabei ein Hammerflügel zum Einsatz kommt. Hier begleitet die Pianistin Olga Pashchenko den Bariton Georg Nigl auf einem Instrument von Conrad Graf (Wien ca. 1827) aus der Sammlung Edin Beunk. Das gab dem Abend in der Glocke am Montag eine Note der besonderen Art, denn zwischen dem Klang eines Hammerflügels und dem eines modernen Flügels liegen Welten. Das war unmittelbar nachvollziehbar, weil Pashchenko für „Vermischter Traum“ von Wolfang Rihm an einen Steinway wechselte.

Der Hammerflügel zeichnet sich durch einen schlanken, obertonreichen und hellen Klang aus, weniger voluminös, aber durchsichtiger. Das bekommt den Schubert-Liedern sehr gut – so oder ähnlich muss es bei den berühmten Schubertiaden geklungen haben. Passend dazu die Stimme von Georg Nigl, dessen Schwerpunkt beim Barock und bei der Moderne liegen. Er hat keine Stimme, mit der er seine Zuhörer überrumpeln kann. Sein nicht allzu voluminöser Bariton ist sehr schlank, hell timbriert und klingt etwas monochrom.

Vergänglichkeit und Sehnsucht

„Vanitas“ („Vergänglichkeit“) nannte er sein Programm, das auch auf einer gleichnamigen CD veröffentlicht wurde. Es stellt viele bekannte Schubert-Lieder wie „Die Taubenpost“, „Die Forelle“, „Der Wanderer an den Mond“, „Fischerweise“ oder „An die Musik“ neben seltener („Im Freien“, „Der Winterabend“, „Abendstern“), Oft ist Tod, Vergänglichkeit und unerfüllte Sehnsucht das Thema. Das gilt auch für Beethovens Zyklus „An die ferne Geliebte“, bei dem Nigl und Pashchenko die sechs Lieder ohne Pause ineinander übergehen lassen. Nigl singt alles untadelig und schlicht, hält sich aber im Ausdruck sehr zurück. Emotionen werden nicht über den Gesang, sondern nur über den Text vermittelt. Dadurch entsteht ein Eindruck einer gewissen Eintönigkeit.

Mit der Zurückhaltung ist es bei dem Zyklus „Vermischte Träume“ von Wolfgang Rihm dann aber vorbei. Der Komponist hat diese Lieder auf Texte von Andreas Gryphius dem Sänger gewidmet. Hier zeigt sich Nigl ganz in seinem Element und beeindruckt mit expressionistischen Aufschwüngen und stimmlicher Variationsbreite.

Der Abend endet wieder in ruhigem Fahrwasser mit Schubert. Drei Zugaben, darunter „Das Fischermädchen“ und „Wanderers Nachtlied“, gibt es obendrein.