Sabine Meyer and Friends

„Sabine Meyer and Friends“: Die Ankündigung für das 8. Philharmonische Konzert klang ein wenig nach entspannter Quodlibet-Runde. Gar nicht mal verkehrt; denn die neun Musikerinnen und Musiker, die sich dabei zusammengefunden hatten, bilden üblicherweise kein festes Ensemble. Aber mit der geballten musikantischen Qualifikation, die die Ausnahmeklarinettistin Meyer und ihre musikalischen Freunde – allesamt gestandene Profis mit jeder Menge Aufführungserfahrung – auf der Bühne des Kleinen Glockensaals präsentierten, ergab sich ein Konzertabend, der in der ohnehin hochkarätigen Kammerkonzertreihe als ganz besonderes Highlight bezeichnet werden darf.

Einen gelungenen Auftakt bot dafür das Septett Es-Dur op. 20, das der knapp 30-jährige Ludwig van Beethoven anno 1800 für die Besetzung mit Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass, sowie Horn, Klarinette und Fagott komponierte. Wohlklingend und eingängig, in den gewählten Tempi niemals übertrieben, geriet bereits der Eingangssatz mit seinen teils volkstonhaften Partien. Die durchaus deutlich differierenden Timbres der Einzelstimmen addierten sich bei optimaler Ausgewogenheit zu einem edlen Gesamtklang, aus dem jeweils neue Motive sorgfältig herausgehoben wurden. Unmittelbar wurde spürbar, dass die Beteiligten keineswegs eine simple „Mugge“ abspulten, sondern mit sichtbarer Musizierfreude gemeinsam agierten. Weich und warm kam der klangdichte Adagio-Satz; höfisch galant und wunderbar beschwingt gestalteten sie das Menuetto. Die kompositorische Raffinesse Beethovens wurde ganz besonders im lebhaften „Tema con Variazioni“ deutlich. Im nachfolgenden, pointiert ausgeführten Scherzo imponierte die mitreißend fröhliche Jagdmotivik und ein wunderschönes solistisches Cello-Legato. Im Finalsatz entwickelte sich aus einem schattenfarbenen Andante ein wahrhaft schwungvolles, von immer neuen Impulsen befeuertes Gute-Laune-Presto, bei dem vor allem Violinistin Antje Weithaas mit virtuosem Vortrag ihrer kurzen Kadenz und ausgeprägt vielgestaltiger Figurationen begeisterte. Für die zahlreichen Zuhörer war es ein gänzlich unbeschwertes, phänomenales Hörvergnügen.

Und das galt, ungeachtet eines bisweilen leicht melancholischen Einschlags, sogar noch etwas mehr für die Serenade Nr. 1 D-Dur, die Johannes Brahms als op. 11 in der Zeit von 1857 – 1859 komponierte. Aufgestockt durch Flöte sowie eine weitere Klarinette spielte das Ensemble dieses üblicherweise in Orchesterversion bekannte Werk in einer rekonstruierten Originalfassung für Nonett von Jorge Rotter, so wie sie in etwa von Brahms ursprünglich auch angedacht war – als „leichteres“ Genre, als gehobene Unterhaltungsmusik, zunächst als Oktett, dann in einer überarbeiteten Partitur für kleines Orchester (beide Versionen sind verschollen). Es sollte seine Idee zu einer ersten Sinfonie sein, kam aber zu einer Zeit, als er sich dann doch noch nicht in der Lage sah, sinfonisch mit dem „Riesen Beethoven“ mithalten zu können. Ein grundlegend sinfonischer Duktus ist in dem Werk, das sich besonders auch an Haydn und Mozart orientiert, dennoch von Beginn an spürbar. Der Geiger Joseph Joachim, dem Brahms erste Entwürfe zu kommen ließ, war davon auch äußerst angetan und bescheinigte dem Freund: „Fast überall ist deine Instrumentation wirkungsvoll, oft wunderschön originell… Du wagst manchmal zu tollkühn, aber … wahrlich die jugendlichste Begeisterung beleuchtet und erwärmt Deine Feder ausdauernd getreu… Schreib nur ja alles freudig zu Ende.“

Dass Joachim mit seiner Einschätzung völlig richtig lag, davon konnten sich auch die Zuhörer im kleinen Glockensaal überzeugen. Die in allen Stimmen auf Einzelinstrumente beschränkte Fassung erwies sich als deutlich transparenter, aber keineswegs weniger klangintensiv als ein kleines Orchester. Das helle Timbre der Flöte strahlte ebenso wunderschön heraus wie die zwei niemals hart angeblasenen Klarinetten. Feinfühlig ging es an das reizvolle, in Moll gehaltene und recht romantisch anmutende Scherzo; fast schon andachtsvoll, brahmsisch ernst und in teils hymnischer Breite erklang der langsame Adagio-Satz mit berauschend schönen solistischen Einwürfen der Bläser und Streicher. Im Menuetto I und II erstellte das Ensemble mit nuanciertem Spiel die bildhafte Szenerie eines galanten höfischen Tanzvergnügens. Als knackig kurz und präzise pulsierend erwies sich das synkopiert rhythmische Scherzo mit sauber vorgetragenen Hornsignalen. Zum krönenden Finale schließlich ein heiteres, prägnant phrasiertes und energiegeladenes Rondo Allegro, bei dem die neun engagierten Interpreten mit üppig-voluminösen Tutti noch einmal zu ganz großer Form aufliefen. Keine Frage: Den frenetischen Beifall des Auditoriums hatten sich die neun Ausnahmekünstlerinnen und -künstler mit ihrem durchweg grandiosen Vortrag in jeder Hinsicht verdient. Und mit ihrer kurzen Zugabe, der Wiederholung der eingängig schwungvollen Anfangssequenz des Serenaden-Kopfsatzes, dürften sie so manchem der Zuhörer auch gleich noch einen munteren Ohrwurm für den Heimweg mitgegeben haben.